Gesetz zur Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten (Wertpapierinstitutsgesetz – WpIG)
Abschnitt 5 Anzeigepflichten; Wertpapierinstitute mit Mutterunternehmen im Drittstaat
§ 64 WpIG – Anzeigepflichten für alle Wertpapierinstitute
(1) Ein Wertpapierinstitut hat der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank unverzüglich anzuzeigen:
1. die Absicht der Ermächtigung einer Person, die nicht Geschäftsleiter ist, zur Einzelvertretung des Wertpapierinstituts in dessen gesamtem Geschäftsbereich, jeweils unter Angabe der Tatsachen, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit, der fachlichen Eignung wesentlich sind, den Vollzug, die Aufgabe oder die Änderung einer solchen Absicht,
2. die Entziehung der Befugnis zur Einzelvertretung des Wertpapierinstituts in dessen gesamtem Geschäftsbereich,
3. den Vollzug der Bestellung eines Geschäftsleiters oder eines Mitglieds des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans,
4. die Änderung der Rechtsform, soweit nicht bereits eine Erlaubnis nach § 15 Absatz 1 erforderlich ist, und die Änderung der Firma,
5. die Verlegung der Niederlassung oder des Sitzes,
6. die Errichtung, die Verlegung und die Schließung einer Zweigstelle in einem Drittstaat sowie die Aufnahme und die Beendigung der Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen ohne Errichtung einer Zweigstelle,
7. die Einstellung des Geschäftsbetriebs,
8. die Absicht ihrer gesetzlichen und satzungsgemäßen Organe, eine Entscheidung über eine Auflösung herbeizuführen,
9. den Erwerb oder die Aufgabe einer bedeutenden Beteiligung an dem eigenen Wertpapierinstitut, das Erreichen, das Über- oder das Unterschreiten der Beteiligungsschwellen von 20 Prozent, 30 Prozent und 50 Prozent der Stimmrechte oder des Kapitals sowie die Tatsache, dass das Wertpapierinstitut Tochterunternehmen eines anderen Unternehmens wird oder nicht mehr ist, sobald das Wertpapierinstitut von der bevorstehenden Änderung dieser Beteiligungsverhältnisse Kenntnis erlangt,
10. jeden Fall, in dem die Gegenpartei eines Pensionsgeschäftes, umgekehrten Pensionsgeschäftes oder Darlehensgeschäftes in Wertpapieren oder Waren ihren Erfüllungsverpflichtungen nicht nachgekommen ist,
11. das Entstehen, die Veränderungen in der Höhe oder die Beendigung einer bedeutenden Beteiligung an anderen Unternehmen,
12. Kredite
a) an Kommanditisten, Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Aktionäre, Kommanditaktionäre oder Anteilseigner an einem Wertpapierinstitut des öffentlichen Rechts, wenn diesen jeweils mehr als 25 Prozent des Kapitals (Nennkapital, Summe der Kapitalanteile) des Wertpapierinstituts gehören oder ihnen jeweils mehr als 25 Prozent der Stimmrechte an dem Wertpapierinstitut zustehen und der Kredit zu nicht marktmäßigen Bedingungen gewährt oder nicht banküblich besichert worden ist,
b) an Personen, die Kapital, soweit es sich nicht um Kapital nach Nummer 1 handelt, nach Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 51 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung gewährt haben, das mehr als 25 Prozent des Kernkapitals nach Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung ohne Berücksichtigung des Kapitals nach Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 51 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung beträgt, wenn der Kredit zu nicht marktmäßigen Bedingungen gewährt oder nicht banküblich besichert worden ist,
13. die Absicht einer wesentlichen Auslagerung, den Vollzug der Auslagerung sowie wesentliche Änderungen und schwerwiegende Vorfälle im Rahmen von bestehenden wesentlichen Auslagerungen und
14. die Absicht, sich mit einem anderen Wertpapierinstitut im Sinne dieses Gesetzes, einem Kreditinstitut im Sinne des Kreditwesengesetzes sowie einem E-Geld-Institut oder Zahlungsinstitut im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes zu vereinigen.
(2) Bei der Anzeige eines Kredits nach Absatz 1 Nummer 12 hat das Wertpapierinstitut die gestellten Sicherheiten und die Kreditbedingungen anzugeben. Es hat einen Kredit, den es nach Absatz 1 Nummer 12 angezeigt hat, unverzüglich erneut der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank anzuzeigen, wenn die gestellten Sicherheiten oder die Kreditbedingungen rechtsgeschäftlich geändert werden, und die entsprechenden Änderungen anzugeben. Die Bundesanstalt kann von dem Wertpapierinstitut fordern, ihr und der Deutschen Bundesbank alle fünf Jahre eine Sammelanzeige der nach Absatz 1 Nummer 12 anzuzeigenden Kredite einzureichen.
(3) Bei der Anzeige der Errichtung einer Zweigstelle in einem Drittstaat nach Absatz 1 Nummer 6 hat das Wertpapierinstitut den Namen des Niederlassungsleiters, die beabsichtigten Dienstleistungen und Tätigkeiten, den voraussichtlichen Anteil am Geschäftsvolumen anzugeben und ein Organigramm der Zweigstelle vorzulegen.
(4) Ein Wertpapierinstitut hat der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank
1. unverzüglich nach Kenntnis den Namen und die Anschrift des Inhabers einer bedeutenden Beteiligung mitzuteilen und
2. jährlich eine Liste der Namen der Inhaber einer bedeutenden Beteiligung an ihm und an den ihm nachgeordneten Unternehmen (Unternehmen, die nach Artikel 7 der Verordnung (EU) 2019/2033 zu konsolidieren sind oder freiwillig konsolidiert werden) mit Sitz im Ausland sowie die Höhe dieser Beteiligungen einzureichen.
§ 65 WpIG – Anzeigepflichten für Große Wertpapierinstitute
(1) Ein Großes Wertpapierinstitut hat der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank unverzüglich anzuzeigen:
1. die Absicht der Besetzung einer Schlüsselfunktion unter Angabe der Tatsachen, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit und fachlichen Eignung der Person wesentlich sind, die erfolgte Besetzung einer Schlüsselfunktion sowie das Ausscheiden des Inhabers einer Schlüsselfunktion,
2. unter Vorlage desselben den Vorschlag zur Beschlussfassung gemäß § 25a Absatz 5 Satz 6 des Kreditwesengesetzes,
3. unter Vorlage eines Auszugs aus der Versammlungsniederschrift den Beschluss über die Billigung einer höheren variablen Vergütung nach § 25a Absatz 5 Satz 5 des Kreditwesengesetzes einschließlich der Angabe aller gebilligten, über das Verhältnis gemäß § 25a Absatz 5 Satz 2 des Kreditwesengesetzes hinausgehenden Höchstwerte und
4. die Vorlage eines Auszugs aus der Versammlungsniederschrift über den Beschluss über die Änderung eines Beschlusses über die Billigung einer höheren variablen Vergütung nach § 25a Absatz 5 Satz 5 des Kreditwesengesetzes einschließlich der Angabe aller gebilligten, über das Verhältnis gemäß § 25a Absatz 5 Satz 2 des Kreditwesengesetzes hinausgehenden Höchstwerte.
(2) Ein Großes Wertpapierinstitut hat der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank jährlich anzuzeigen:
1. seine bedeutenden Beteiligungen an anderen Unternehmen,
2. die Informationen, die für einen Vergleich der Vergütungstrends und -praktiken im Sinne des Artikels 75 Absatz 1 und 2 der Richtlinie 2013/36/EU erforderlich sind; der Vergleich umfasst auch die Vergütungstrends und -praktiken in Bezug auf die Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans sowie die von dem Wertpapierinstitut übermittelten Informationen zum geschlechtsspezifischen Lohn- und Gehaltsgefälle und
3. die Informationen über Geschäftsleiter, Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans und Mitarbeiter mit jeweils einer Gesamtvergütung von jährlich mindestens 1 Million Euro im Sinne des Artikels 75 Absatz 3 der Richtlinie 2013/36/EU, die für eine aggregierte Veröffentlichung durch die Europäische Bankenaufsichtsbehörde erforderlich sind.
§ 66 WpIG – Anzeigepflichten für Kleine und Mittlere Wertpapierinstitute
(1) Ein Kleines oder Mittleres Wertpapierinstitut, das über die Erlaubnis für die Dienstleistungen nach § 2 Absatz 2 Nummer 10 oder § 2 Absatz 3 Nummer 2 verfügt oder auf eigene Rechnung im Sinne des § 17 Absatz 1 handelt, hat der bei der Deutschen Bundesbank geführten Evidenzzentrale vierteljährlich (Beobachtungszeitraum) die Kreditnehmer (Millionenkreditnehmer) anzuzeigen, deren Kreditvolumen 1 Million Euro oder mehr beträgt (Millionenkreditmeldegrenze). Die §§ 19, 20 des Kreditwesengesetzes gelten entsprechend. Anzeigeinhalte, Anzeigefristen und nähere Bestimmungen zum Beobachtungszeitraum bestimmen sich nach der Rechtsverordnung aufgrund von § 14 Absatz 3.
(2) Ein Kleines oder Mittleres Wertpapierinstitut hat der Deutschen Bundesbank unverzüglich nach Ablauf eines jeden Quartals Informationen zu seiner finanziellen Situation (Finanzinformationen) einzureichen. Die Deutsche Bundesbank leitet die Angaben mit ihrer Stellungnahme an die Bundesanstalt weiter; diese kann auf die Weiterleitung bestimmter Angaben verzichten. Die Bundesanstalt kann im Einzelfall die Frist zur Einreichung von einzelnen Informationen oder der Informationen insgesamt verkürzen.
(3) § 65 Absatz 2 Nummer 2 und 3 findet auf Mittlere Wertpapierinstitute entsprechende Anwendung.
§ 67 WpIG – Anzeigepflichten von Geschäftsleitern und Investmentholdinggesellschaften
(1) Ein Geschäftsleiter eines Wertpapierinstituts und die Personen, die die Geschäfte einer Investmentholdinggesellschaft oder einer gemischten Finanzholdinggesellschaft tatsächlich führen, haben der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank unverzüglich anzuzeigen:
1. die Aufnahme und die Beendigung einer Tätigkeit als Geschäftsleiter oder als Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsmitglied eines anderen Unternehmens und
2. die Übernahme und die Aufgabe einer unmittelbaren Beteiligung an einem Unternehmen sowie Veränderungen in der Höhe der Beteiligung. Eine unmittelbare Beteiligung liegt vor, wenn mindestens 25 Prozent der Anteile am Kapital des Unternehmens gehalten werden.
(2) Eine Investmentholdinggesellschaft hat der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank unverzüglich anzuzeigen:
1. die Absicht der Bestellung einer Person, die die Geschäfte der Investmentholdinggesellschaft tatsächlich führen soll, unter Angabe der Tatsachen, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit, der fachlichen Eignung und der ausreichenden zeitlichen Verfügbarkeit für das Wahrnehmen seiner Aufgaben wesentlich sind, und den Vollzug einer solchen Absicht,
2. das Ausscheiden einer Person, die die Geschäfte der Investmentholdinggesellschaft tatsächlich geführt hat,
3. Änderungen der Struktur der Investmentholdinggruppe in der Weise, dass die Investmentholdinggruppe künftig branchenübergreifend tätig wird,
4. die Bestellung eines Mitglieds und eines stellvertretenden Mitglieds des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans unter Angabe der Tatsachen, die zur Beurteilung ihrer Zuverlässigkeit, Sachkunde und der ausreichenden zeitlichen Verfügbarkeit für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendig sind, und
5. das Ausscheiden eines Mitglieds und stellvertretender Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans.
Eine Investmentholdinggesellschaft hat der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank ferner einmal jährlich eine Sammelanzeige der Wertpapierinstitute, Kapitalverwaltungsgesellschaften, Finanzunternehmen, Anbieter von Nebendienstleistungen und Zahlungsinstitute oder E-Geld-Institute im Sinne des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes, die ihr nachgeordnet sind, einzureichen.
(3) Wird ein Kleines oder Mittleres Wertpapierinstitut oder eine als Mutterunternehmen geltende Investmentholdinggesellschaft oder gemischte Finanzholdinggesellschaft, der kein Großes Wertpapierinstitut angehört, zahlungsunfähig oder tritt Überschuldung ein, so haben die Geschäftsleiter, bei einem in der Rechtsform des Einzelkaufmanns betriebenen Wertpapierinstitut der Inhaber und die Personen, die die Geschäfte der Investmentholdinggesellschaft oder der gemischten Finanzholdinggesellschaft tatsächlich führen, dies der Bundesanstalt unter Beifügung aussagefähiger Unterlagen unverzüglich anzuzeigen; die im ersten Halbsatz bezeichneten Personen haben eine solche Anzeige unter Beifügung entsprechender Unterlagen auch dann vorzunehmen, wenn das Wertpapierinstitut oder die als Mutterunternehmen geltende Investmentholdinggesellschaft oder gemischte Finanzholdinggesellschaft voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen (drohende Zahlungsunfähigkeit).
§ 68 WpIG – Befugnis für einzelfallbezogene Anzeigepflichten; Verordnungsermächtigung
(1) Die Bundesanstalt und die Deutsche Bundesbank können einem Wertpapierinstitut, einer Wertpapierinstitutsgruppe oder Investmentholdinggruppe zusätzliche Anzeige- und Meldepflichten auferlegen, insbesondere, um vertieften Einblick zu erhalten in die Entwicklung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse, in ihre Grundsätze einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung und in die Fähigkeiten der Mitglieder der Organe des Wertpapierinstituts, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank erforderlich ist.
(2) Das Bundesministerium der Finanzen kann im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, weitere Anzeigepflichten für Wertpapierinstitute, Investmentholdinggesellschaften, gemischte Finanzholdinggesellschaften sowie deren Geschäftsleiter erlassen, die für eine wirksame Beaufsichtigung durch die Bundesanstalt erforderlich sind. Das Bundesministerium der Finanzen kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Bundesanstalt mit der Maßgabe übertragen, dass die Rechtsverordnung im Einvernehmen mit der Deutschen Bundesbank ergeht. Vor Erlass der Rechtsverordnung sind die Spitzenverbände der Wertpapierinstitute anzuhören.
§ 69 WpIG – Bewertung der Aufsicht im Drittstaat und andere Aufsichtstechniken
(1) Unterliegt ein Wertpapierinstitut oder unterliegen mehrere Wertpapierinstitute, die Tochterunternehmen desselben Mutterunternehmens sind, das seinen Sitz in einem Drittstaat hat, auf Gruppenebene keiner wirksamen Beaufsichtigung, so prüft die Bundesanstalt, wenn sie gemäß Absatz 2 Satz 2 die zuständige Behörde ist, ob die Beaufsichtigung des Wertpapierinstituts durch die zuständige Behörde des Drittstaates der Beaufsichtigung nach der Richtlinie (EU) 2019/2034 und Teil 1 der Verordnung (EU) 2019/2033 gleichwertig ist.
(2) Die Bundesanstalt wendet angemessene Aufsichtsmittel an, mit denen die Ziele der Beaufsichtigung gemäß Artikel 7 oder 8 der Verordnung (EU) 2019/2033 erreicht werden können, wenn die Beaufsichtigung durch die zuständige Behörde des Drittstaates nicht gleichwertig ist und die Bundesanstalt in diesem Fall die zuständige Behörde ist. Die Bundesanstalt ist die zuständige Behörde, wenn sie für die Gruppenaufsicht zuständig wäre, wenn das Mutterunternehmen seinen Sitz in der Europäischen Union hätte. Die Bundesanstalt teilt alle nach diesem Absatz getroffenen Maßnahmen den anderen jeweils zuständigen Stellen, der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde und der Europäischen Kommission mit.
(3) Ist die Bundesanstalt die zuständige Behörde im Sinne des Absatzes 2 Satz 2, kann sie insbesondere die Errichtung einer Investmentholdinggesellschaft oder einer gemischten Finanzholdinggesellschaft in der Europäischen Union verlangen und Artikel 7 oder 8 der Verordnung (EU) 2019/2033 auf diese Investmentholdinggesellschaft oder gemischte Finanzholdinggesellschaft anwenden.